Grosses Kino beginnt im Kopf

«Bilder entstehen immer zuerst im Kopf, und die Kamera ist der Pinsel, mit dem sie gemalt werden.» Eine markante Aussage, die Peter Schäublin an den Anfang unseres Gesprächs stellt. «Normalerweise fotografiere ich mit einem konzeptionellen Ansatz, dem ich dann folge. Doch dieses Mal war alles etwas anders. Weil jemand in einer Fotografen-Reisegruppe kurzfristig ausfiel, kam ich anfangs Jahr sehr überraschend zu einer einwöchigen Reise durch Island. Unsere Abmachung: Überall dort, wo Bilder in unserem Kopf entstehen, halten wir an – eine Art Carte blanche zum Fotografieren.»

Bereits im Sommer 2014 war Peter Schäublin in Island unterwegs, um das Iceland Art Project zu realiseren – grossformatige, eher abstrakte Bilder, die er auf Metallplatten präsentierte, die er und seine Frau Ursula während der dreiwöchigen Reise verwittern liessen. Dieses Mal war das Zeitfenster enger, was er etwas bedauert. «Zeit zu haben ist für mich das A und O in der Fotografie», erklärt er. «Einfach schnell aus dem Auto hechten, ein paar Bilder machen und dann weiterfahren, ist nicht mein Ding. Ich möchte mich mit meinem Motiv auseinandersetzen, es ausloten, es spüren. Nur wenn ich Zeit habe, kann ich Bilder realisieren, die tiefere Schichten als das Offensichtliche zeigen. Ein Beispiel dafür ist das Bild eines Schneefelds mit einem verhangenen Himmel. Eigentlich nichts Spektakuläres. Doch es transportiert für mich die Ruhe, Weite und Einsamkeit des isländischen Winters. Das Foto ist auf einem längeren Fussmarsch entstanden, der mir genügend Zeit gegeben hat, die Umgebung und den sich verändernden Himmel zu beobachten. Und plötzlich enstand dieses Bild in meinem Kopf, das ich dann mit der Kamera festgehalten habe.»

Leica SL mit Leica Vario-Elmarit SL 2.8-4.0/24-90mm auf 47 mm // 1/125 sec // f 8.0 // 200 ISO
Um die Nuancen im Himmel wahrnehmen zu können, benötigen Sie einen guten Monitor.

 

Leider war nicht immer so viel Zeit zum langen Beobachten: «Die kurze Reisedauer und die kurzen Tage haben uns gezwungen, sehr konzentriert zu fotografieren und manchmal eine Location früher zu verlassen, als es uns lieb war. Dass ich dennoch mit unglaublich intensiven Bildern zurückgekommen bin, liegt mit daran, dass ich mich für die Leica SL als Kamera-Reisebegleiterin entschieden habe.»

Der Pinsel

Peter Schäublin war einer der ersten Schweizer Fotografen, der auf die SL gesetzt hat. Warum? «Hervorragende Objektive und damit exzellente Bildqualität, ein brillianter elektronischer Sucher, ein durchdachtes und für mich logisches Bedienkonzept, Stabilität und sehr gute Abdichtung gegen Wettereinflüsse – das sind in Kürze die wichtigsten Punkte, die für die SL sprechen. Ich habe praktisch nur mit den drei SL-Zoomobjektiven, dem 16–35mm, dem 24–90mm und dem 90–280mm fotografiert. Jedes dieser Objektive liefert einen Qualitätslevel, den ich von Zooms vorher nicht kannte. Und gerade wenn die Zeit knapp ist, sind Varioobjektive vorteilhaft. Mit den SL-Zooms muss ich bezüglich Qualität keine Kompromisse machen. Ebenfalls mit im Gepäck war meine Leica CL. Mit ihrem Cropfaktor von 1.6, ihrer Kompaktheit, ihrem geringen Gewicht und der herausragenden Bildqualität ist sie weit mehr als einfach nur eine Backupkamera. Tatsächlich fällt es einem schwer, beim Durchsehen der Bilder festzustellen, welche Fotos mit der SL und welche mit der CL realisiert worden sind, da sich die Kameras bei Verwendung derselben Objektive punkto Look und Bildqualität fast nicht unterscheiden. Die SL ist von ihrem Konzept für eine schnellere Bedienung ausgelegt und sie ist sicher auch besser gegen Umwelteinflüsse abgedichtet, deshalb kam vor allem sie zum Einsatz.»

Die Bilder, die Peter Schäublin zurückgebracht hat, sind intensiv. Manche voller Farbe, wie die Fotos der Eisplatten, in denen sich das Sonnenlicht spiegelt, andere gefüllt mit den leisen Farbtönen des isländischen Winters. «Es war ein milder Januar in Island, und ich habe mit mehr Schnee gerechnet. Doch wie bereits 2014 hat mich Island auch dieses Mal völlig in meinen Bann gezogen. Ob bei -12°C am Dettifoss oder bei +12°C und Sturmböen auf Snaefelsness – wir wurden mit speziellen Stimmungen verwöhnt, die uns oft richtig umgehauen haben.»

 

Sonnenaufgang am Dettifoss bei -12°C. Die SL hat in allen Bedingungen hervorragend funktioniert. Foto: Armin Unger
Leica SL mit Leica Vario-Elmarit SL 2.8-4.0/24-90mm auf 24 mm // HDR mit 2.5 sec / 1.3 sec / 0.6 sec / 0.3 sec // f 16.0 // 50 ISO // Stativ

«Ich fotografiere eigentlich nicht gerne Wasserfälle», gesteht Peter Schäublin, «wahrscheinlich weil sie einfach so oft fotografiert werden und jeder dann mit einer Langzeitbelichtung das Wasser weich darstellt. Doch hier musste ich einfach abdrücken. Der ganze Himmel brannte, und der Wasserfall wurde in ein pinkfarbenes Licht getaucht. Um die Zeichnung im Himmel und im Wasserfall zu erhalten, habe ich dieses Motiv mit HDR realisiert.»

Die Motive

«Wir haben uns primär auf die Nord- und die Westküste konzentriert, um uns nicht zu verzetteln. Sturmböen, Regen, beinahe kitschige Sonnenauf- und Untergänge – alles war drin in diesen wenigen Tagen. Was dann unbedingt noch sein musste, war ein Abstecher am letzten Tag zum Flugzeugwrack im Südwesten. Viele kennen die Überreste dieser DC3, die 1973 am Strand notlanden musste. Es kamen keine Personen zu Schaden, und offensichtlich fühlte sich niemand zuständig, das Wrack zu entsorgen. Deshalb rottet das Flugzeug seit über 40 Jahren vor sich hin und wird langsam von Schnäppchenjägern zerlegt. Die ganze Woche habe ich gehofft, diese letzten Bilder mit Schneefall realisieren zu können.»

«Etwas östlich von Akureyri sind wir auf einen zugefrorenen See mit wunderschönen Eisplatten gestossen. Bei unserem zweiten Besuch an diesem See hat der Sonnenaufgang die Eisplatten in glühende Kunstwerke verwandelt – buchstäblich Fire and Ice. Um Strukturen herauszuarbeiten, belichte ich teilweise knapp und verstärke den Kontrast in Lightroom etwas. Bei keinem der Bilder habe ich die Sättigung erhöht. Wenn’s kitschig ist, dann war’s also tatsächlich so in natura.»

«Ein Phänomen, das ich so noch nie gesehen habe. Eine ganz dünne Eisschicht, die das Ufer bedeckt. Zudem wachsen durch die Verdrängung beim Gefrieren dünne Eisplättchen an den Steinen hoch. Eines hat ein Muster gebildet, das wie ein vereistes Blatt aussah. Ganz grosses Kino der Natur.»

«Das Meer in all seinen Formen war auf unserer Reise praktisch immer präsent. Ich habe immer wieder mal versucht, etwas experimentell zu arbeiten.»

«Am letzten Tag hat der Himmel tatsächlich noch ein paar Schneeflocken aus sich herausgedrückt. Ich hätte mich gefreut, wenn der Schneefall noch intensiver gewesen wäre. Doch nach so einer grandiosen Zeit in Island ist das Jammern auf hohem Niveau. Ich hatte 1 1/2 Stunden Zeit für die Bilder, doch nur während 10 Minuten hatte ich das Wrack ganz alleine für mich. In diesem kurzen Zeitfenster habe ich mit full Speed so viele Übersichtsaufnahmen wie möglich realisiert. Dann kamen wieder Leute, und ich habe mich auf Detailansichten konzentriert. Besonders faszinierend ist für mich die Aufnahme des Innenraums. Das Motiv zieht den Blick wie einen Trichter rein. Selbst auf 16 mm liefert das SL 16-35mm praktisch verzeichnungsfreie Bilder, die bis in die äussersten Randzonen scharf sind. Nicht umsonst behauptet Leica, es sei das beste Zoom in diesem Brennweitenbereich.»

«Es waren sieben intensive Tage, und es gäbe noch mehr Bilder zu zeigen. Wenn ich im Flow bin, dann muss ich nicht mehr fotografieren, sondern es fotografiert einfach. Wenn die Kamera in der Bedienung auf das Wesentliche reduziert ist, kann ich mich komplett auf mein Motiv konzentrieren. Und dann gibt es die Momente, in denen ich meine SL auf Filmen umstelle. Ein einziger Knopfdruck und statt Top-Bilder nehme ich bewegte Bilder in 4K auf. So ganz nebenbei habe ich das da und dort gemacht – oder auch mal eine Bildserie mit zehn Bildern pro Sekunde realisiert. Auch das geht mit der SL. Zurück zuhause habe ich meinem Freund, dem Filmmusik-Komponisten Sebastian Bach diese Clips ungeschnitten gesendet und gefragt, ob ihn die Bilder inspirieren. Dann das Gänsehaut-Erlebnis: Sebastian hat parallel, ohne meine Clips zu kennen, Musik komponiert, die besser nicht passen könnte. Entstanden ist eine Fusion aus Musik und bewegten Bildern, die die verschiedenen Aggregatszustände des Wassers zeigt. Für den Movie habe ich Helligkeit, Farben und Kontraste so angepasst, dass die Clips mit der Musik harmonieren.»

Und diesen Clip wollen wir unseren Leserinnen und Lesern auf keinen Fall vorenthalten. Gute Lautsprecher sind von Vorteil …