Der nächste Reportage-Fotografie Kurs von Dominic Nahr ist am 18. Mai 2019
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Dominic Nahr ist angekommen. Ist er? Der erste Leica-Ambassador der Schweiz und weltweit renommierte Fotograf hat in Zürich eine Wohnung. Ein Leben. Einen Hund. Ein Atelier. Und zum ersten Mal im Leben auch einen Briefkasten. Er ist Zuhause angekommen. Könnte man meinen.

«Es war eine Herausforderung, die ich nicht ablehnen konnte» erzählt mir Dominic Nahr in seinem Atelier im Zürcher Kreis 4. Er pflückt zum Aufhängen getrocknete Filme und schneidet sie in passende Fotostreifen. Zwei Freunde verabschieden sich, machen sich auf den Weg in den nachmittäglichen Herbstnebel. Der Hund seiner Freundin schaut etwas depressiv aus dem Fenster. «Er vermisst die Sonne. Er ist aus Kenia» erklärt Dominic lächelnd. Es liegen verschiedene Leica-Kameras auf den alten Bürotischen. «Es schien eine spannende Herausforderung» wiederholt er nachdenklich. «Aber ja, ich hatte mich etwas übernommen. Zehn Länder in einem Monat waren einfach zu viel».

Leica SL – Die Welt im Zoom

Begonnen hatte das Projekt in der Schweiz. Nahr sollte Bilder für das Jubiläumsbuch eines weltweit tätigen Unternehmens produzieren. Dabei blieb es jedoch nicht. Denn kaum war seine Arbeit in Zürich beendet, entschied er sich, das Projekt auch in Kanada zu betreuen. Und schliesslich übernahm er die Umsetzung des Projektes in insgesamt zehn Ländern. Er hatte vier Wochen Zeit. Also machte sich der Leica-Profi an die Planung dieser Reise mit all ihren Herausforderungen. Im Gepäck hatte er zum ersten Mal überhaupt die Leica SL («schon sehr cool mit einem Zoom, du hast mehr Optionen, mehr Auswahl, das hatte ich sehr lange nicht mehr») und wie immer die Leica Q («ohne sie gehe ich nirgends hin, ihr kann ich blind vertrauen»). Einmal unterwegs arbeitete und reiste Nahr, ohne Unterbruch. «Irgendwann in Bukarest hatte ich dann einen kleinen Zusammenbruch. Ich war völlig übermüdet». Er lacht. Denn dies ist sein Leben. Unterwegs sein. Für Bilder. Für Stories. Auf der ganzen Welt. Immer alleine. «Ich kenne nichts anderes».

Leica M6 – Von Aussteigern, Müllbergen und Abba

Wir sitzen im Atelier. Dominic ist ein angenehmer, ruhiger und äusserst spannender Gesprächspartner. Es wird klar, welche Leidenschaft er für die Fotografie hat. Welche Freude es ihm bereitet, Menschen zu treffen, ausserordentlichen Momente zu erleben und all dies auf Bildern festzuhalten. Dafür nimmt er all diese Herausforderungen, Reisen und manchmal auch Risiken gerne in Kauf.

Für diese Reise durch zehn Länder hatte Nahr zusätzlich und absichtlich auch noch die Leica M6 eingepackt. Denn er entschied sich, in jedem der Länder nebst dem offiziellen Auftrag gleichzeitig noch eine Fotostory zu produzieren «für meine wöchentliche, visuelle Kolumne, welche ich für das Republik Magazin mache». Und was er mit der M6 erlebt und festgehalten hat, ist schlicht atemberaubend.

Dominic Nahr erzählt mir diese Geschichten, seine Eindrücke, all die unvergesslichen Begegnungen mit seiner ganz eigenen Ruhe und Selbstverständlichkeit. Er erzählt von einer Mülldeponie in Kenia, kilometerlang, eine Landschaft voller Müll, auf welcher Menschen Leben und Kinder arbeiten. Er erzählt von einer Bootsfahrt In Lettland an einem schönen frühen Morgen. Alleine mit einem älteren Mann, welcher ihn auf sein über 100-jähriges Boot eingeladen hatte. Angeblich das ehemalige Boot von Abba. Er erwähnt seinen Trip nach Buenos Aires, wo er sich unter Fussballfans gemischt hat. Auf dem Programm stand das Lokalderby. Entsprechend fanatisch war die Stimmung. Und er erzählt von einer Kommune in Litauen, welche in selbstgebauten Strohhütten im Wald lebt. Ehemalige Banker und Manager welche ausgezogen sind um ein einfacheres Leben zu leben. «Sehr eindrücklich. Dorthin will ich eines Tages zurück». Er erzählt noch viel mehr. Faszinierende Geschichten. Ich staune. Zehn Länder. Vier Wochen. Wundervolle Bilder.

Zurück in der Heimat

Nun ist er also wieder in Zürich. Im Atelier. In seinem neuen Leben. «Es ist genau so wie ich es mir gewünscht habe. Innerlich habe ich mich wohl schon seit längerer Zeit nach diesem Zuhause gesehnt». Und doch ist nicht alles ganz so einfach, wie es scheint. Was für uns selbstverständlich ist, muss Dominic Nahr erst erfahren und erlernen. «All die Post, die Briefe. Das kenne ich so nicht. Ich hatte ja noch gar nie einen Briefkasten». Neu ist auch, dass seine Freunde in der Nähe leben. Dass seine Mutter nur eine Stunde Autofahrt entfernt wohnt. Dass er mit seiner Freundin und ihrem Hund gemeinsam in eine Wohnung am Stadtrand von Zürich gezogen ist. Und dass er in diesem sympathischen Atelier arbeiten kann. «Es macht mir nichts aus, alleine zu reisen und zu arbeiten. Im Gegenteil. Aber es tut der Seele gut zu wissen, dass ich ein Umfeld habe. Dass ich Freunde sehen kann. Dass ich hier Zuhause bin».

Angekommen ist er. In der Schweiz. Auch bei sich selbst. Das heisst aber nicht, dass sein Leben nun ruhiger wird. «Ein nächstes Projekt steht an» erklärt er zum Abschluss meines Besuchs. «Es sind wieder zehn Länder. Für ein Buch. Anfang nächstes Jahr». Er hält kurz inne, und lacht. Es ist ein zufriedenes Lachen. Sein Hund erhebt sich, streckt die Beine, unsicher ob er mit mir raus möchte in die herbstliche Kälte. Er braucht wohl noch ein bisschen länger, um den Umzug von Kenia nach Zürich zu verdauen.

Über Dominic Nahr

Dominic Nahr kam 1983 im schweizerischen Heiden zur Welt, wuchs aber in Hongkong auf. Er lebte und arbeitete in vielen Ländern und Städten auf der ganzen Welt, bevor er Ende 2017 von Kenia in die Schweiz zog. Heute lebt und arbeitet er in Zürich. Nahr ist selbstständiger Fotograf. Er ist weltweit bekannt und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Neben zahlreichen Covers des TIME Magazin wurden seine Bilder auch in The New Yorker, Stern, Spiegel, Schweizer Illustrierte und NZZ ausgewählt. Jede Woche erscheint ein Audio-Foto-Essay über Dominic im Republik Magazin. Nahr ist auch Preisträger eines World Press Photo sowie eines Swiss Press Photo Awards. Nahr, auch Gründungsmitglied der Reportagen Agentur MAPS, wurde in 2015 von der Swiss Photo Academy zum Fotograf des Jahres gekürt.  2018 wurde Dominic Nahr zum ersten Leica-Ambassadoren der Schweiz ernannt.

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