Der Lockdown entschleunigt. Reisen ist unmöglich. Aufträge aus dem Ausland bleiben aus. Es ist die perfekte Zeit, um einen Gang zurück zu schalten und die nähere Umgebung besser kennenzulernen. Jedenfalls für den weitgereisten und mehrfach ausgezeichneten Fotografen Dominic Nahr. Er nutzt die momentane Situation, um sein Zuhause neu zu entdecken und zu fotografieren. Er dokumentiert, wie Randständige in Zürich und Olten mit dem Lockdown umgehen. Und er macht sich dabei vertraut mit der Leica Q2. 

Eigentlich hätte Dominic Nahr Anfang März in Italien ein Schiff besteigen sollen. Geplant war eine Reportage über ein Rettungsboot, welches auf hoher See libysche Flüchtlinge aufnimmt. Diese Szenen mit seiner Kamera hautnah zu dokumentieren, war seit Langem ein Wunsch des Zürcher Fotografen. Doch das Boot verliess den Hafen ohne Nahr. Im März war die Einreise nach Italien schon unmöglich. Kurz darauf reagierte auch die Schweiz mit einem Lockdown. Für Nahr war klar, dass er für einige Monate Zuhause in Zürich bleiben müsste. Das erste Mal in seinem Leben überhaupt.

 

Leica-Shots vom Heimweg

«Ich denke wir hatten Glück in der Schweiz. Es war eine light-Version des Lockdowns. Ich hatte Kontakt mit Kollegen aus Italien oder New York. Was dort passierte, war viel heftiger und viel einschneidender für die Bevölkerung. Ich schätze mich wirklich glücklich, hier zu sein. Für einmal bin ich nicht mitten im Brennpunkt und kann etwas runterfahren». Dominic Nahr wirkt gelassen. Natürlich setzte die Situation auch ihm zu. Die Unsicherheit über das Virus. «Doch ich sah sehr bald auch positive Aspekte des Lockdowns. Das Leben hat sich verlangsamt. Die Natur wirkt intensiver. Ich finde, für einen Fotografen ist dies eine sehr gute Gelegenheit, seine Umgebung zu beobachten und zu dokumentieren. Auch für Hobbyfotografen.»

Die ersten Tage des Lockdowns verbrachte Dominic Nahr mehrheitlich Zuhause. Unsicher darüber, wie sich die Situation in der Schweiz entwickeln würde. Die Wohnung verliess er nur, um in seinem Atelier in der Zürcher City zu arbeiten. Nur dort hat er Zugriff auf seine gesamte Infrastruktur. So ergab es sich, dass Nahr die Spaziergänge zwischen dem Atelier und seiner Wohnung dazu nutzte, die Details seiner unmittelbaren Umgebung zu studieren. «Während den letzten Wochen wurde dies meine Routine. Ich lief immer auf derselben Strasse, achtete darauf, zu welcher Zeit welches Licht an welcher Stelle ideal war, um die besten Bilder zu machen. Ich nahm mir mehr Zeit, lernte die Umgebung neu kennen. Und entdeckte dadurch immer wieder interessante Sujets. Dies kann ich allen empfehlen, die gerne fotografieren. In einer aussergewöhnlichen Zeit wie dieser, ergeben sich neue Möglichkeiten».

 

Mit der Leica Q2 den Lockdown dokumentiert

Für Nahr ist es zudem die perfekte Zeit, um sich mit seiner Leica Q2 vertraut zu machen, mit welcher er kurz vor dem Lockdown zu arbeiten begann. Schon nach wenigen Wochen ist klar: «Die Q2 ist meine neue Lieblingskamera. Sie ist ein game-changer. Es ist einfach krass, was sie leistet. Sie hat 48 Megapixel, eine viel grössere Auflösung und kann diese Qualität perfekt ins Bild übertragen. Sie hat unglaubliche Vorteile bei schwierigen Lichtverhältnissen, hat einen Staub- und Spritzwasserschutz. Ja, sie ist unglaublich gut». Doch sein Heimweg vom Atelier war selbstverständlich nicht das einzige Thema, welches Nahr mit der Q2 in den vergangenen Wochen fotografierte. Mit sehr eindrücklichen Bildern, welche er in verschiedenen Teilen der Schweiz gemacht hat, zeigt er auf, wie sich die Gesellschaft während des Lockdowns verändert hat. Er wagt den Blick auf Randständige, auf Aussenseiter und Sexarbeiterinnen.

“Ich lief stundenlang durch Zürich mit einem Sozialarbeiter. Er war auf der Suche nach Obdachlosen und anderen bedürftigen Menschen, um ihnen Hilfe anzubieten oder Ratschläge zu erteilen. Es war mir wichtig, diese Bilder zu machen. Zu zeigen, wie es manchen Menschen in dieser Situation geht. Menschen, die kein Zuhause haben”. Dabei ereigneten sich auch unwirkliche Szenen. Wie der Obdachlose aus dem Tessin, welcher plötzlich seinen Laptop auspackt, um angeblich zu arbeiten. Mitten in der Nacht in Coronazeiten, einsam auf der Strasse sitzend, beleuchtet vom Bildschirm seines Computers. Oder die beiden Kinder bei der Grenze in Kreuzlingen. Sie liessen sich nicht davon abhalten, miteinander Badminton zu spielen, über den Grenzzaun hinweg. “Eine Herausforderung war die Reportage über Prostituierte in Olten. Wie kann man intime und persönliche Porträts machen, wenn die Person auf dem Bild nicht erkannt werden will? Es galt, ihr Vertrauen zu gewinnen, damit sie sich vor der Kamera wohl fühlen”. Es sind allesamt Bilder, die zum Nachdenken anregen.

Zum Artikel in der Republik: https://www.republik.ch/2020/04/11/wie-bleibt-man-zu-hause-wenn-man-keines-hat

 

Zeit, um Bilder zu sortieren

Es ist nicht das erste Mal, dass Dominic Nahr mit Schutzmaske oder Handschuhen arbeiten muss. Wer wie er für seinen Job in Krisen- und Kriegsgebiete reist, ist mit entsprechenden Utensilien vertraut. «Radioaktivität war sehr lange ein Thema. Nach dem Unglück in Fukushima habe ich die Entwicklungen rund um die Katastrophe während neun Jahren immer wieder dokumentiert. Aber auch bei anderen Ereignissen oder Situationen musste ich immer wieder mal Masken, Handschuhe oder Schutzausrüstung tragen”. Alleine in Fukushima hat Dominic Nahr 100’000 Bilder gemacht. Der Lockdown ermöglicht es ihm nun, die vielen Bilder in seinem Atelier für ein geplantes Buch über Fukushima zu sortieren und zu bearbeiten.

Nach der Arbeit im Atelier macht sich Dominic Nahr wohl bis auf weiteres zu Fuss auf den Heimweg, um beim besten Licht am idealen Standort das perfekte Bild mit der Q2 zu schiessen.

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