Philipp Weinmann war einer der Fotografen, die als erste die Möglichkeit erhielten, die Leica Q2 Monochrom auszuprobieren. Die Ergebnisse, die er auf den Straßen von Zürich erzielte, sprechen für sich: Der leidenschaftliche Verfechter der Schwarzweiß-Fotografie hielt die Poesie des Alltags in gestochen scharfen, detailreichen Bildern fest.

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Fotografie hat mich von früh auf begeistert. Nicht bewusst, aber unbewusst. So erinnere ich mich noch an bestimmte Momente aus meiner Kindheit und Jugend, in denen ich eine Kamera in der Hand hatte und mir Gedanken machte, wie ich das, was ich sehe, am besten ablichte. Ich hatte schon damals ein Gefühl, dass es viel gibt, was ich nicht im Bild haben will. Ich hatte eine klare Vorstellung, was ich zeigen möchte und was nicht. Ich besaß aber weder eine eigene Kamera noch ging ich bewusst zum Fotografieren nach draußen. In meinen Zwanzigern habe ich mir die erste kompakte Digitalkamera für einen Aufenthalt in Hawaii zugelegt. Ich hatte Spaß zu fotografieren, machte viele Erinnerungsfotos, erinnere mich aber auch, dass ich bei gewissen Motiven und Szenarien alles um mich herum vergessen habe. Einige Jahre später kaufte ich mir eine Systemkamera und wollte Landschaften fotografieren. Es hat Spaß gemacht, aber nach einiger Zeit interessierte es mich nicht mehr.

Wie haben Sie schließlich zu Ihrem eigenen Stil und in die Leica Welt gefunden?
Vor etwa drei Jahren habe ich mir beim Sport das Sprunggelenk verletzt, sodass ich erst einmal nichts Großes mehr anstellen konnte. Wohl aus Intuition besorgte ich mir eine Kamera und fing an, mich für Street Photography zu interessieren. Zur selben Zeit entschied ich mich auch dafür, die Kamera auf Schwarzweiß zu stellen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Ich war begeistert von Street Photography in Schwarzweiß und kaufte mir noch eine Kamera und probierte mehrere Objektive aus. Die Hoffnung, dass ich dadurch schneller bessere Bilder bekommen würde, bestätigte sich aber nicht. Eher im Gegenteil. Ich fühlte mich von dieser Auswahlmöglichkeit überfordert und eingeschränkt. Vor etwa zweieinhalb Jahren entdeckte ich dann die Leica Q. Leica war mir zuvor nur als Name bekannt gewesen. Ich begann mich für das Unternehmen und die Geschichte dahinter zu interessieren und war einfach begeistert. Dann entschied ich mich, meine ganze Foto-Ausrüstung wieder zu verkaufen und mir die Leica Q zu holen.

Wie war es, mit der neuen Q2 Monochrom zu fotografieren? Gab es einen spürbaren Unterschied zu anderen Qs?
Das Vergnügen war groß! Die Leica Q2 Monochrom habe ich als noch unkomplizierter und reduzierter erlebt. Das fängt beim Design an. Nichts weist auf den ersten Blick auf den Hersteller hin, das matte Gehäuse wirkt unscheinbar und ist gleichzeitig doch ein richtiger Handschmeichler. Und dann ist da natürlich der Sensor, der nur noch monochrom sieht. Das mag paradox klingen, aber diese Reduktion habe ich als sehr bereichernd empfunden. Wenn man gern in Schwarzweiß fotografiert, fühlt sich die Arbeit mit dieser Kamera einfach frei und unbeschwert an. Während ich mit der Q und dann der Q2 immer wieder die Farben im Hinterkopf hatte, spätestens bei der Entwicklung der Raw-Dateien, war dieser Gedanke nach kurzer Zeit verschwunden und ich konnte mich hundertprozentig der Schwarzweiß-Fotografie hingeben.

In welchen Situationen drücken Sie auf den Auslöser?
Ich genieße es, mich frei und nach Lust und Laune mit der Fotografie beschäftigen zu können. Es ist ein gewisses Freiheitsgefühl, das ich erlebe, wenn ich mit der Kamera unterwegs bin. Beim Fotografieren denke ich nicht viel nach, es passiert einfach durch die aufmerksame Beobachtung meiner Umwelt, dass ich den Auslöser betätige. Ich glaube, dass da viel im Unterbewusstsein passiert, da ich mich im Nachhinein auch oft frage, wieso und weshalb das so gekommen ist. Viele Bilder sind so entstanden, dass ich irgendwo war und irgendeine Stimme mir sagte, dass ich weitergehen soll und dann tauchte plötzlich eine Szene auf, die mich begeisterte und ich löste instinktiv aus. Wäre ich nur einen Moment später gekommen, hätte ich diesen Moment verpasst. Das fasziniert mich immer wieder!

Wie war es in der Nachbearbeitung? Wie beurteilen Sie die DNG-Dateien hinsichtlich Kontrast, Dynamikumfang, Rauschen etc.?
DNG-Dateien haben die Eigenschaft, dass sie anfangs relativ kontrastarm sind und nicht sehr lebendig wirken. Sie bieten jedoch viel Spielraum bei der Nachbearbeitung. In dieser Hinsicht hatte ich nicht das Gefühl, irgendwie eingeschränkt zu sein, sondern ich konnte meinen Bildern den nötigen Schliff nach meinem Geschmack geben. Die Tatsache, dass die DNG-Dateien nur in Schwarzweiß vorliegen, war ein Segen, denn so ging es bei mir mit der Bearbeitung wesentlich schneller voran. Im Vergleich zu farbigen DNG-Dateien kann ich nicht mehr mit den Farbreglern herumspielen, um die Farben zu beeinflussen: All das muss ich bewusst tun, bevor ich das Bild aufnehme. Ich sehe das auch als eine große Chance, um mich in der Schwarzweißfotografie weiterzuentwickeln. Beeindruckt hat mich auch das Rauschverhalten der Kamera. Schließlich handelt es sich um einen 47-Megapixel-Sensor, der bei ISO 6400, 12.500 immer noch sehr schöne und detaillierte Bilder liefert. Es lassen sich sogar noch höhere ISO-Werte verwenden, bei denen der Detailreichtum meiner Meinung nach trotz stärkeren Rauschens beeindruckend ist.

Möchten Sie etwas Bestimmtes bei den Betrachtern Ihrer Aufnahmen auslösen?
Ich achte zuerst auf das, was das Motiv in mir selbst auslöst, und freue mich dann, wenn andere die Bilder ebenfalls emotional auffassen. Mir ist es wichtig, alle Gefühle und Emotionen zuzulassen – genau das möchte ich mit den Bildern vermitteln. Ich finde es faszinierend, dass ein Bild bei mir etwas völlig anderes auslösen kann als bei einer anderen Person. So erhalte ich die Möglichkeit, eine andere Perspektive zu erleben und zu fühlen, was die andere Person in dem Moment wahrnimmt. Ich mag das wirklich sehr, Gefühle und Wahrnehmung in den Vordergrund zu stellen.

Wie würden Sie die mit der Leica Q2 Monochrom aufgenommenen Bilder im Allgemeinen bewerten? Wie haben Sie sich dabei gefühlt?
Es war immer ein Vergnügen, mit der Kamera zu fotografieren. Es fühlte sich einfach „frei und rein“ an. Ich persönlich fühle mehr, wenn ich Schwarzweiß-Aufnahmen betrachte, daher konnte mich die Kamera beim Fotografieren wunderbar ergänzen. So sehe ich die Kamera auch: als ein Werkzeug, das mir durch die reduzierte und kraftvolle Form der Schwarzweiß-Fotografie die Freiheit gibt, bestimmte Momente festzuhalten. Keine Farben, die einen ablenken, nur die Helligkeitsabstufungen, die ich als Betrachter und Fotograf unglaublich beruhigend finde. Wir leben in einer farbenfrohen Welt, worüber ich mich jeden Tag freue, aber ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich Schwarzweißfotografie so faszinierend finde. Sie steht im Kontrast zu dem, was wir jeden Tag sehen. Jedes Mal, wenn man fotografiert, ergibt sich ein visueller Perspektivwechsel und man sieht seine Umgebung in einem ganz anderen Licht. In einer Schwarzweiß-Welt wünschte ich mir, dass Leica eine Farbkamera auf den Markt brächte.

Waren Sie mit den Ergebnissen zufrieden? Oder gibt es etwas, das Sie vermisst haben?
Ich habe nichts vermisst; aber ich habe wieder einmal festgestellt, dass schneller, höher, weiter nicht unbedingt zu mehr Freude, Glück und Zufriedenheit führt (das gilt für die Fotografie genauso wie für das Leben). Einfach innehalten zu können und sich des Augenblicks, wie er ist, bewusst zu werden, ist ein schönes und ergreifendes Gefühl. Farbe ist für mich keine Option mehr!

Philipp Weinmann ist 31 Jahre alt und wurde in Deutschland geboren. Als er etwa zehn Jahre alt war, zog seine Familie nach Liechtenstein, wo er das Gymnasium absolvierte. Danach zog er nach Zürich, um eine Ausbildung als Grundschullehrer zu machen. Im Zentrum seiner Fotografie steht immer die Arbeit mit Menschen. Wenn Weinmann gerade nicht fotografiert, ist ein großer Teil seiner Freizeit mit sportlichen Aktivitäten, sozialen Interaktionen und Büchern ausgefüllt. Erfahren Sie mehr über seine Fotografie auf seiner Website und seinem Instagram-Kanal.