Paolo Burlando hatte als junger Mann die komische Vorstellung, dass er als Fotograf einen zu schwierigen Weg vor sich hätte. Komisch darum, weil seine Bilder, seine Projekte und sein Auge durchaus Profi-Qualität haben. «Was nicht ist, kann ja noch werden», meint der sympathische ETH-Professor und Leica-Fotograf mit einem Lächeln. Wir sind gespannt und geniessen bis dahin die Bilder seines neusten Projekts «Genius Loci – the spirit of the place».

«Sobald ich die Kamera ans Auge halte, sehe ich das Bild Schwarzweiss vor mir». Paolo Burlando ist nicht etwa farbenblind. Im Gegenteil, er hat das besondere Auge, welches ihn als Fotografen auszeichnet. Wenn er abdrückt, macht er das Bild zwar in Farbe. Er selbst aber hat eine genaue Vorstellung davon, wie die Aufnahme in Schwarzweiss aussehen wird. «Es ist meine besondere Leidenschaft und mein Stil. Schaue ich durch den Messsucher der Leica, sehe ich die Bilder bereits in Schwarzweiss. Dies ist das Merkmal all meiner Projekte, ausser ich fotografiere die Familie».

Den Geist des Ortes einfangen

Auch für seine neuesten Projekte machte Paolo Burlando Schwarzweissaufnahmen. «Genius Loci – the spirit of the place» ist der Titel einer Serie, welche Momentaufnahmen aus verschiedenen Orten auf der Welt zusammenträgt. Die Idee dahinter ist, «the spirit of the place», also den Geist des Ortes durch das jeweilige Bild wiederzugeben. «Wenn man die Bilder anschaut, sollte man das Gefühl haben, dort zu sein, die Gewohnheiten und die Eigenheiten des Ortes zu spüren, dank eines schönen, technisch und ästhetisch gelungenen Bildes. «Genius Loci» ist ein langfristiges Projekt, dem man immer neue Bilder hinzufügen kann, welche die Sammlung bereichern. Vielleicht kommt es zu einem Ende, sobald eine ausreichende Serie entstanden ist, die für eine Ausstellung reicht.»

Sein zweites langfristiges Projekt fokussiert auf Europa. Burlando liess sich von Henri Cartier-Bressons Buch «The Europeans» inspirieren. «Die Bilder aus Paris, Lissabon, Prag, Warschau, Budapest und weiteren europäischen Hauptstädten dokumentieren Europa im neuen Millennium und stehen für sich. Es ging mir darum, Themen aufzugreifen und Aspekte zu dokumentieren, welche Europa am Anfang des neuen Jahrhunderts kennzeichnen. So zum Beispiel die Spaltung zwischen Ost und West oder die unterschiedliche Entwicklung dynamischer und statischer Länder». Ist das Projekt erst einmal abgeschlossen, soll daraus eine Ausstellung, im besten Fall sogar ein Buch entstehen.

 

Leica M erlaubt mehr Nähe

Alle Bilder seiner Projekte sind selbstverständlich in Schwarzweiss. Und alle sind sie mit einer Leica gemacht. Seit über 20 Jahren fotografiert Paolo Burlando nur noch mit der Marke seiner Wahl. Dies hat seine Gründe: «Die Objektive sind klar die besten auf dem Markt. Zudem ist die Kamera klein und unauffällig. Sie lässt mich näher an die Menschen herangehen, ohne diese zu erschrecken. Da ich vor allem Street-Fotografie mache, sind dies sehr wichtige Merkmale. Es entsteht keine Barriere zwischen dem Fotografen und den Menschen. Kurz, in einer Leica M sind alle Aspekte enthalten, die ich mag. Ich benutze vor allem die Leica M 262 und fast ausschliesslich das 35mm-Objektiv. Die Einstellungen mache ich manuell, mit einer automatischen Kamera könnte ich nicht arbeiten». Sein vorangegangenes Projekt «American Icons»,  hat Burlando mit der Leica M9 sowie der M6 realisiert.

Die Leica M passt perfekt zu seiner Fotografie, seinen Projekten und der Art, wie er Bilder macht. «Meine grossen Leidenschaften sind die Street- und Dokumentar-Fotografie. Diese beiden Bereiche kann ich mit der M 262 perfekt abdecken. Es ist ein speziell schönes Gefühl, wenn ein Bild aus dem Moment heraus entsteht und optimal gelingt. Umso schöner, wenn ich diesen Moment nicht geplant hatte, das Resultat aber trotzdem ein grossartiges Bild ist. Dabei muss ein einziger Shot oft reichen. Diesen besonderen Zeitpunkt zu treffen, ist das Glück und die Geschicklichkeit des Fotografen. Oder wie Henri Cartier-Bresson so schön sagte: Fotografieren heisst, den Kopf, das Auge und das Herz auf dieselbe Linie zu bringen. Auf der anderen Seite gibt es auch Aufnahmen, welche ich geplant hatte, wenn auch nicht immer im Detail. Oft ist das fertige Bild daher eine Kombination aus Planung und Spontaneität».

 

Tiefer in Leica-Fotografie eintauchen

Paolo Burlando fotografierte schon als 17-jähriger Student. Wie Anfangs erwähnt hätte er damals sich durchaus vorstellen können, dies zu seinem Beruf zu machen. «Es war aber schon damals, in den 80er-Jahren ein sehr unsicherer Beruf. Zu unsicher für mich. Darum ist es bloss eine grosse Leidenschaft geblieben, welche ich nebst meinem Beruf ausübe. Ein fast professionelles Hobby. Nach meiner Pensionierung allerdings möchte ich tiefer in die Fotografie eintauchen». Wir sind gespannt auf die Bilder, die der Professor mit seinem Auge für den speziellen schwarzweissen Moment machen wird, wenn er mal richtig Zeit dafür hat. Die aktuellen Projekte überzeugen jedenfalls mit fantastischen Momentaufnahmen. Oder wie Paolo Burlando allzu bescheiden sagt: «Für die Zeit, die ich investieren kann, bin ich zufrieden».

www.paoloburlando.com

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