Der Fotograf Alan Schaller lebt in London und hat sich auf Schwarz-Weiß-Fotografie spezialisiert. Seine Arbeiten sind oft abstrakt und von starken Kontraste bestimmt. Sie umfassen surrealistische und geometrische Kompositionen, aber auch die Realität und Vielfalt des menschlichen Lebens. Schaller fotografiert in erster Linie mit der Leica M Monochrom (Typ 246), aber auch mit der Leica M10-P.

Er war Mitbegründer der Plattform Street Photography International Collective (SPi), die die besten Arbeiten des Genres fördert und talentierten Fotografen, die noch vor ihrem Durchbruch stehen, ein Forum bietet. Mit über 700.000 Followern ist der Instagram-Account des SPi die größte auf Street Photography spezialisierte Quelle weltweit.

Hier geben wir Ihnen einen exklusiven Einblick in Schallers jüngste Serie: eine unbeschwerte Auseinandersetzung mit jenen unvermeidlichen Stadtbewohnern, die Street-Fotografen fast immer auf Schritt und Tritt begleiten – Tauben.

Ich glaube, dass der schlechte Ruf von Tauben nicht gerechtfertigt ist. Man nennt sie oft „Ratten der Lüfte“, aber tatsächlich handelt es sich um sehr faszinierende Kreaturen, die schwierig zu fotografieren sind.

Die menschliche Beziehung zu Tauben geht bis auf den Anfang der Zivilisation zurück. Domestizierte Tauben, Felsentauben, wurden erstmals in mesopotamischer Zeit auf Tontafeln bildlich dargestellt – vor mehr als 5.000 Jahren. Einige Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass Menschen des Neolithikums schon vor 10.000 Jahren Tauben gehalten haben.

Tauben gehören in aller Welt zum Stadtbild. Man schätzt, dass es 400 Millionen Tauben gibt und als Folge der Verstädterung wachsen die Populationen rasant. Allein in New York soll es eine Million von ihnen geben.

 

Tauben sind hochintelligent und man kann ihnen relativ komplexe Aktionen beibringen. Aufgrund ihrer Standorttreue und  hohen Geschwindigkeit haben Militärs sie bis 1959 oft als Postboten eingesetzt.

Ich habe das Glück, aufgrund meiner Arbeit als Fotograf um die Welt reisen zu können, und obwohl es vielleicht seltsam klingen mag –  die Präsenz von Tauben zählt zu den wenigen Dinge, die in fast jedem Land, in dem ich bin, eine Konstante ist und mich an meine Heimatstadt London erinnert. Sie sind  einfach überall. Es dauerte eine Weile, bis ich dies zu schätzen lernte, doch bald fing ich an, die Tauben aus Spaß zu fotografieren.

Schließlich stellte ich diese Aufnahmen zusammen und dachte mir fantasievollere Möglichkeiten aus, wie ich Tauben fotografieren und ihnen näherkommen könnte. Ich behaupte nicht, dass es sich um eine profunde, tiefgründige Serie handelt, eher um eine Studie oder einfach eine Würdigung dieses erfolgreichen Vogels, wie er mit uns und unseren Städten interagiert. Tauben sind ein Teil unseres Lebens. Ob es uns gefällt oder nicht, wir werden sie niemals loswerden.

Als Motiv können Tauben frustrierend sein. Interessante Aufnahmen von diesen Vögeln zu machen, bringt einige Herausforderungen mit sich, aber ich muss gestehen, dass mir das wirklich Spaß macht. Tauben sind lebhaft, unberechenbar und schnell, und wenn man gerade den Auslöser drücken will, fliegen sie oft in diesem Moment davon. Um eine erfolgreiche Aufnahme machen zu können, bedarf es mehrerer Faktoren. Tauben in Großstädten wie Mumbai, London oder New York sind oft recht „mutig“ oder anders ausgedrückt: Sie sind an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt. Diesen Tauben kann man sich leicht nähern – viel eher als einer Ringeltaube auf dem Land.

Einige Aufnahmen aus dieser noch nicht abgeschlossenen Serie zeigen größere Gruppen von Tauben. Im Flug trifft man sie nicht so häufig an, aber mit der nötigen Geduld kann man wunderbare Kompositionen schaffen.

Auf ein Quäntchen Glück darf man sich auch verlassen, aber was wirklich hilft, ist, sich das Bild, das man erschaffen möchte, vorher vorzustellen. Dann braucht man nur noch darauf zu warten, dass es tatsächlich passiert. Mir hilft es, wenn ich Brennweite, Blende, ISO und Zeit vorher festlege. So kann ich mich ganz auf das Motiv konzentrieren. Diese Technik wird in der Street Photography oft angewandt und ist für den Stil dieser Bilder unabdingbar. Antizipation ist entscheidend.

So verrückt es auch klingen mag, oft hüte ich die Tauben wie eine Herde. Ich treibe sie zu einem Lichtfleck oder einer architektonischen Struktur, von der ich glaube, dass sie sich davor gut machen werden.

Es kann vorkommen, dass ich beim Fotografieren auf der Straße oder wenn ich einen Auftrag habe, die Dinge ein wenig zu ernst nehme. Das ist jedoch schwierig, wenn man an einer Straßenecke hockt, umgeben von einem Haufen Tauben. Passanten, die dabei zuschauen, denken wahrscheinlich manchmal, dass mit mir etwas nicht ganz stimmt. Aber mich erinnert es an die Zeit und die Gefühle, die ich hatte, als ich anfing zu fotografieren. Eine Zeit, in der alles noch ein bisschen wie ein Spiel war.

Die Leica. Gestern. Heute. Morgen.

Jetzt M-System online entdecken!

Verbinden Sie sich mit Alan Schaller und sehen Sie mehr seiner exzellenten Fotos auf seiner Webseite oder auf Instagram.