Ich fotografiere nicht, ich begegne. Ein Shooting ist eine Verabredung zum Austausch. Es geht darum, sich zu öffnen. Durchlässig zu sein. Etwas preiszugeben. Das gilt für den, der fotografiert wird, genauso wie für den, der die Bilder macht – für mich, Michael Imhof, Menschfotograf.

Ich suche stets das Echte bei meinem Gegenüber. Den wirklichen Blick. Selbst bei meinen dekorativen Fotos, dem „Agenturfutter“, wie ich es nenne. Wenn ich fotografiere, ist die Kamera, die Technik, Nebensache. Ich unterhalte mich, das Model und wir unternehmen etwas zusammen. Und nicht nur einmal hörte ich nach einem Shooting mit einem Schauspieler „Wann machen wir denn die Fotos?“ Worauf ich nur antworten konnte: „Die sind schon fertig.“

Peter Lindbergh hat einmal gesagt, er verliebe sich in jedes Model – von 9 bis 17 Uhr. Ich kann das nur unterschreiben. Menschfotografie hat mit Intimität und Intensität zu tun. Im besten Fall damit, dass sich beide Seiten in ein Bild einbringen. Es geht um Nähe und einem Moment. So sehr, dass eine Situation als solche mehr in Erinnerung bleibt als das Foto selbst. Und manchmal ist das beste Bild das, das ich nicht gemacht habe.

Wie sind Sie ursprünglich zur Fotografie gekommen? Und inwieweit bestimmt die Fotografie Ihren Alltag?

Ich fotografiere seit über 20 Jahren, aber erst seit acht Jahren Menschen. Vorher hielt ich Dinge fest, die bereits fest waren: Architektur, Details, Landschaften. Dinge, die nicht weglaufen konnten. Dinge, die mich nicht ansahen. Erst durch meine Frau – sie ist Profi-Model – kam ich zur Menschfotografie. Erstaunlich spät, weil ich Menschen doch liebe. Weil ich den Austausch liebe und Kommunikation. Weil ich gerne unterhalte, aber auch gerne erfahre. Nicht umsonst bin ich seit über 20 Jahren Radio- und Fernsehmoderator.

Als Moderator der Morning-Show bei 1LIVE bleibt wenig Zeit für Schlaf – und somit auch für die Fotografie. Ideen habe ich genug, es fehlt oft nur der Raum, diese Ideen umzusetzen.

Wann haben Sie zum ersten Mal mit einer Leica fotografiert? Und was bedeutet die Marke für Sie?

Leica ist für mich: ein roter Punkt. Kein schnellster Autofokus der Welt, kein Serienbildrekord, kein 18-seitiges Menü, sondern ein Punkt. Ich fotografiere mit diesen Kameras, die technische Rekorde brechen. Es sind Arbeitstiere. Und dennoch zieht es mich immer wieder zu diesem roten Punkt. Diese Reduktion auf das Wesentliche, diese Reduktion auf die Fotografie. Es fühlt sich anders an, mit einer Leica zu fotografieren, ich bin eins mit der Kamera. Kein Autofokus, der da hin springt, wo ich ihn nicht haben möchte, sondern eine Kamera, die danach schreit, sich Zeit zu lassen, zu komponieren und selbst zu entscheiden, wie das Bild aussehen soll. Unvoreingenommen. Klar kann ich mit einer anderen Marke auch manuell fokussieren. Aber es fühlt sich nicht so punktgenau, so wertig an. Man trägt Geschichte mit sich. Eine Kamera, mit der historische Bilder gemacht wurden, die benutzt wird von Künstlern, mit denen ich mich identifiziere. Und es geht um die Bilder, die eine Leica macht, nicht um die technischen Daten. Leica ist mehr Galerie denn Fotoagentur, mehr Kunst als Kommerz. Und der rote Punkt hat so manches Gespräch mit einem Musiker oder Schauspieler eingeleitet. Campino kam in Wim Wenders „Palermo Shooting“ zum Beispiel nicht mit der Leica klar. Er bliebe dann doch besser Musiker …

Welches Konzept steht hinter Ihrer Serie „SIGNED“? Wie und wo haben Sie diese Serie bei der 1LIVE Krone 2016 aufgenommen? Und wie waren die Reaktionen der Künstler auf Ihre Serie?

Als mich 1LIVE fragte, ob ich mir vorstellen könnte, die Stars bei der 1LIVE Krone, dem größten deutschen Radio Award, zu fotografieren, sagte ich sofort zu. Zum einen, weil ich viele der Leute dort persönlich kenne, zum anderen, weil ich direkt eine Idee hatte: Intimität. Bei jeder Veranstaltung dieser Art werden die VIPs über den roten Teppich gejagt, niedergeblitzt, von Fotografen angebrüllt, ihr schönstes Lächeln auszupacken.

Ich wollte das Gegenteil: den Menschen hinter dem Star zeigen. Einen Moment der Intimität, etwas Relevanteres schaffen. Trotz des Trubels sollten alle einen Moment verharren. Bei sich sein. Sie selbst sein. Lediglich die Unterschrift, das Autogramm, zeugt davon, dass es sich um Menschen der Öffentlichkeit handelt. Ich ließ eine schwarze Box bauen, in die ich die Künstler bat. Ich entriss sie dem Trubel und ließ sie erstmal runterkommen. Während wir uns unterhielten, entstanden maximal fünf Fotos mit der Leica SL und dem Vario Elmarit 24-90, das mir die Möglichkeit gab, auf engstem Raum unterschiedlich zu komponieren. Um den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, entschied ich mich für ein One Light Setup – meinen Profoto B1 mit Wabe.

Wichtig war für mich, dass alle Fotos out of camera funktionierten, weil ich allen Künstlern direkt nach dem Shooting ihr Foto zuschickte. Also: Foto gemacht, in Capture One ohne großartige Bearbeitung ausgewählt und dann, ohne Unterschrift, direkt an den Künstler gemailt, damit er das Foto in Social Media teilen konnte. Noch vor oder während der Preisverleihung. Zusätzlich hielt ich den Moment analog mit der Leica Sofort fest und ließ jedes Pola vom Künstler signieren. Ohne mein Team (Ines und Bernd) hätte ich das nicht geschafft. Danke euch beiden. 🙂

Das Feedback war toll, weil selbst die Fotografierten nicht davon ausgingen, dass man so einen intimen Moment auf so einer Veranstaltung festhalten konnte. Viele waren begeistert, ein starkes „cooles“ Schwarz-Weiß-Portrait zu bekommen anstatt das Tausendste nichtssagende Event-Foto. Nach der 1LIVE Krone habe ich die SIGNED Serie weitergeführt, so dass auch Stars wie Ralph Siegel oder John Savage Teil meines Projekts wurden.

Ihre Fotoserie legt einen starken Fokus auf Schwarzweiß-Fotografie. Warum sollten es Monochrom-Aufnahmen sein?

Farbe ist toll, Farbe lenkt aber auch ab. Die komplette Komposition lebt von der Reduktion, der Konzentration auf das Wesentliche – und das ist der Mensch. Schwarz-Weiß macht einen Menschen transparenter, durchlässiger. Farbe hat durchaus ihre Berechtigung, unterliegt aber auch modischen Einflüssen. Ich fand Schwarz-Weiß eindringlicher und zeitloser.

Sie haben die 1LIVE Krone 2016 mit der Leica SL begleitet. Was macht die Leica SL für sie aus und warum war sie die Kamera Ihrer Wahl?

Die SL war für mich an diesem Abend das „Arbeitstier“. Eine Studiokamera mit schnellem Autofokus, den ich auf jeden Fall haben wollte, weil ich im Vorfeld nicht einschätzen konnte, wie viel Zeit ich mit den Künstlern habe. Zudem ist das 24-90 ein brillantes Zoom-Objektiv, das mir in der Enge der schwarzen Box einfach die passenden Gestaltungsmöglichkeiten gab. Und ganz profan: die SL liegt sehr gut in der Hand.

Einige weitere Bilder in der Serie (Campino, Ralph Siegel, John Savage, Evelyn Hall) habe ich später mit der Leica Q gemacht. Hätte ich geahnt, dass das auch so gut funktioniert, wäre ich direkt auf die Q gegangen. Sie ist sehr kompakt und wahnsinnig schnell, spielt ihre Stärke im Gegensatz zur SL voll aus, wenn ich mit kleinem Gepäck unterwegs bin oder Street mache. Mit der Q habe ich eine Serie auf dem Parookaville Festival geschossen. Die 28 Millimeter Optik ist nicht jedermanns Sache, aber wenn man sich darauf einlässt, hat diese Brennweite bei dieser Lichtstärke noch mehr Punch als ein 35mm. Ob geblitzte Serienaufnahmen, Portraits oder Street – damit gelingt alles.

Werden Sie bei der 1LIVE Krone 2018 wieder fotografisch aktiv werden oder konzentrieren Sie sich in diesem Jahr voll und ganz auf Ihre Aufgaben als Moderator?

In diesem Jahr moderiere ich die Warm-Up Radioshow und werde wohl kaum zum Fotografieren kommen. Aber Vorsicht: in irgendeiner Tasche von mir steckt immer eine Kamera. (lacht)

An welchen anderen Projekten arbeiten Sie derzeit? Auf was können wir uns in naher Zukunft von Ihnen freuen?

Ich komme gerade zu fast nichts, weil ich gefühlt 1.000 Sachen gleichzeitig mache. Ich habe eine – wie ich finde – starke Idee, die an den Grenzen der EU spielt und hoffe, dass ich sie nächsten Jahr umsetzen kann. Ich hätte gerne mehr Zeit, schöne Frauen in noch schöneren Settings zu fotografieren. Gut, welcher Fotograf möchte das nicht, aber hey, ich mache es mit einer Leica in Schwarz-Weiß. (lacht) Und natürlich arbeite ich weiter an „Ines“, meinem Bildband nur mit Fotos der aller schönsten Frau der Welt – meiner.

Mehr zu Michael Imhofs Fotografien finden Sie auf seiner Website – Menschfotograf Michael Imhof und auf Instagram.

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