Julien Boudet wurde 1985 in Sète, Frankreich, geboren und zog 2008, nachdem er die Business School absolviert hatte, nach New York. Dort studierte er an der renommierten Parsons in Greenwich Village. An der „New School for Design“ verschmolzen seine Leidenschaften für Fotografie und Mode zu einer Berufung. Boudets handwerkliche Fähigkeiten, sein Gespür für Timing und Perspektive geben den Arbeiten des Streetstyle-Fotografen einen besonderen Look. Diese Ästhetik, die er sich in unzähligen schlaflosen Nächten erarbeitete, verhalf ihm zu einer der begehrten Positionen in der Welt der redaktionellen Modefotografie. Boudet hat mit der kompakten Leica CL und der Leica SL u.a. für Louis Vuitton, Jimmy Choo, Thom Browne und Burberry gearbeitet. Wir sprachen mit Bleu Mode – so sein Künstlername – über seinen Aufstieg, seine visuelle Handschrift und den Wunsch, sich nicht anzupassen.

Was war zuerst da, die Leidenschaft für die Mode oder für die Fotografie?

Für die Mode, auch wenn es zunächst eher um „Stil“ als um „Mode“ ging.

Bis ich 2008 nach New York zog, war mein Wissen über die Welt der Mode nicht sonderlich groß; ich kannte nur große europäische Häuser wie Louis Vuitton, Gucci, Dior, Chanel. Das meiste, was ich damals auf Märkten in Paris oder Marseille sah, waren Fälschungen. Ich selbst besaß eine gefälschte Tasche von Louis Vuitton – mein erstes modisches Accessoire überhaupt. Mit 17 war ich ziemlich stolz darauf.

Mit 23 ging ich dann nach New York und entdeckte schnell avantgardistische Designer und schließlich die Fotografie. Ich interessierte mich für Rick Owens, Margiela, Rei Kawakubo und Alexander McQueen – 2011 habe ich mir seine inzwischen legendäre Ausstellung im Metropolian Museum of Art angesehen. An der Parsons habe ich viel gelernt und nach zwei Jahren entschied ich, nun genug zu wissen, um mich als selbstständiger Fotograf am Markt etablieren zu können.

New York hat meinen Geist geöffnet und im Rückblick glaube ich, dass ich meine beiden Leidenschaften mehr oder weniger zur selben Zeit entdeckt habe.

Wie gelang Ihnen der Einstieg in die Welt der Modefotografie?

Durch die Streetstyle-Fotografie, sie erfordert weder einen Backstage-Pass noch eine Einladung. Alles passiert auf der Straße. Während der Modewochen, auf Shows, Events und privaten Partys traf ich einen Haufen Leute aus der Branche, von einigen erhielt ich verschiedene Aufträge. Ich reiste mehr und traf Menschen aus der ganzen Welt – so ist es bis heute geblieben.

Das klingt jetzt einfach, aber natürlich war es harte Arbeit. Ich habe Tage und Nächte im 24/7-Computerlabor in der Parsons verbracht. Ich schlief dort auf einer Couch im Dachgeschoss, weil es zu lange gedauert hätte, nach Hause zu fahren.

Grundsätzlich hatte ich das Glück, Leute zu treffen, die mich im richtigen Moment auf den richtigen Weg gebracht haben. Allerdings bin ich bei weitem noch nicht da, wo ich einmal sein will. Ich habe noch viel zu tun.

Sie arbeiten unter dem Namen Bleu Mode. Welche Bedeutung hat die Farbe Blau für Sie?

Man könnte fast sagen, dass ich am Mittelmeer aufgewachsen bin, 22 Jahre lang war ich immer von Mai bis September am Strand. Das Meer war mir schon immer eine Quelle der Inspiration, es hat mich fasziniert, auf die Wellen zu blicken und stundenlang zu träumen. Es war auch ein Ort der Entspannung und des Nachdenkens über das Leben im Allgemeinen und all die Dinge, die einen innere Ruhe finden lassen.

Ich wollte meinen Wurzeln treu bleiben und kein englisches Wort verwenden. Bleu war tatsächlich das erste, was mir in den Sinn kam, als ich nach einem coolen Namen suchte.

Während der verschiedenen Modewochen und bei hochkarätigen Events auf der ganzen Welt fotografieren Sie Streetstyle. Wie beschreiben Sie Ihre Vorgehensweise?

Streetstyle zu fotografieren, ist in der Vorbereitung ziemlich einfach, man braucht nur die Termine der Modewochen und muss die Modenschauen besuchen. Dort gibt es zwei Möglichkeiten, entweder man findet seinen festen Platz und wartet auf die Leute, die vorbeikommen, oder man lässt sich durch die Menge treiben und suchst nach den Leuten und Stilen, die man einfangen möchte.

Welchen Unterschied macht es, wenn Sie für einen Kunden arbeiten?

Der wesentliche Unterschied ist die Zeit. Beim Streetstyle geht es sofort los, sobald man ein Motiv entdeckt hat, hat man vielleicht noch ein paar Sekunden Zeit, um das Bild zu komponieren und aufzunehmen. Darum glaube ich auch, dass Streetstyle eine gute Möglichkeit ist, das Auge zu schulen und seine handwerklichen Fähigkeiten als Fotograf zu entwickeln – zumindest ich habe so meinen Look gefunden.

Deshalb sagen mir meine Kunden auch immer, dass ich wirklich schnell bei einem Editorial oder einem Look Book bin, einfach weil ich gelernt habe, so zu fotografieren.

Diese Serie kombiniert Streetstyle und Modefotografie in einer durchgängigen Ästhetik. Wie beeinflussen sich beide Arten zu fotografieren?

Mein Ansatz bleibt derselbe, gleich ob es sich nun um einen redaktionellen Beitrag oder um Streetstyle auf einer Modenschau handelt. Ich fotografiere nur nach meinen Vorstellungen, die von der Street Photography geprägt sind. Streetstyle hat meine redaktionelle Arbeit beeinflusst und mich gelehrt, wie man eine Aufnahme komponiert und auf welche Details man achten muss.

Andererseits habe ich durch meine redaktionellen Arbeiten gelernt, wie man verschiedene Objektive verwendet – auf der Straße habe ich jahrelang nur ein 85-mm-Objektiv benutzt – und vor allem, wie man verschiedene Winkel und Perspektiven einsetzt. Und das nutze ich jetzt oft für meine Arbeiten auf der Straße.

Grundsätzlich möchte ich, dass mein Publikum nicht erkennt, ob es sich um Streetstyle oder ein Editorial handelt. Es sollte ohnehin keinen Unterschied geben, denn es sind ja immer meine Augen, die eine Situation erfassen. Für einen redaktionellen Beitrag hat der Fotograf die Freiheit, die gewünschte Stimmung zu erzeugen. In meiner persönlichen Vorstellung gibt es keine ästhetischen Regeln. Die Leute sollen beim bloßen Betrachten einer Aufnahme erkennen, dass es sich um eine Arbeit von mir handelt.

Was sonst beeinflusst und inspiriert Ihre Arbeit?

Dank meines ungewöhnlichen Lebensstils reise ich in so viele Länder, in die ich ohne meinen Beruf nie gekommen wäre. Ein gutes Beispiel ist die georgische Hauptstadt Tiflis, die ich durch die Mercedes-Benz Tiflis Fashion Week kennengelernt habe. Sie hatten mich 2015 eingeladen und seither bin ich zweimal im Jahr dort. Tiflis inspiriert mich wirklich, die brutale Architektur, die Kultur, die Menschen und ihr traditioneller Stil.

Ohne mich auf ein Land beschränken zu wollen, möchte ich Ihre Frage so beantworten: Meine wichtigste Inspirationsquelle ist das Leben an authentischen Orten, insbesondere in Gegenden, die nicht touristisch sind. Ich finde Inspiration dort, wo andere nicht hingehen, wo es zu „seltsam“ ist, Orte, die für andere angstbesetzt sind. Wenn Einheimische mich verwirrt anstarren, weil sie meinen, dass ich dort nicht hingehöre, dann weiß ich, dass ich richtig bin.

Es gibt eine bekannte Songzeile der französischen Underground-Rapper Scred Connexion aus den 90er-Jahren, der meinen Vorstellungen sehr nahe kommt:
Jamais dans la tendance, mais toujours dans la bonne direction (Nie im Trend, aber immer in die richtige Richtung.).

Wann haben Sie zum ersten Mal eine Leica verwendet? Was bieten Ihnen Leica Kameras, was andere Kameras vielleicht nicht bieten?

Ich arbeite mit Leica seit die CL auf den Markt gekommen ist und jetzt auch mit der SL. Am Anfang gefiel mir vor allem das Design. Es unterscheidet sich sehr von anderen Marken auf dem Markt. Design ist immer wichtig, auch das einer Kamera.

Mir gefällt auch die Menüführung sehr gut. Sie ist leicht verständlich, sehr einfach und effizient. Es anders als sonst nicht nötig, erst 30 Seiten im Handbuch zu lesen, um überhaupt loslegen zu können. Die Kameras liegen perfekt in der Hand und die Vielfalt und die Qualität der Optiken passen genau zu meinem Stil. Und ich liebe die Farbgebung der Leica SL, das ist unerlässlich für meine Modeaufnahmen.

Leica Kameras haben etwas, das mich dazu bringt, mich in sie zu verlieben. Es ist schwer in Worte zu fassen, man muss es einfach selbst erleben.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie sich für ihren Setup?

Da ich viel reise, muss ich als erstes auf das Gewicht achten. Wenn kein großes kommerzielles Projekt vor mir liegt, nehme ich nur die Leica CL mit. Sie ist kleiner, leichter und einfacher zu transportieren. In diesem Zusammenhang passt das 35-mm-Objektiv perfekt zu meinen Bedürfnissen.

Geht es um ein kommerzielles Shooting, entscheide ich mich für die Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 ASPH. Dieses Setup ist für jede berufliche Situation ideal. Der schnelle Autofokus und die große Blende eignen sich hervorragend für Streetstyle-Aufnahmen.

Ich experimentiere gern und fotografiere manchmal etwas weitwinkliger mit einer 35er- oder sogar 24er-Brennweite, wenn ich dicht am Motiv bin. Natürlich kann ich auch auf 90 mm heranzoomen, um jemanden weiter unten auf der Straße oder in der Menge zu erfassen. Die Vielseitigkeit des Vario-Elmarit-SL ist für derartige Arbeiten sehr nützlich.

Auf was können wir uns von Ihnen in naher Zukunft freuen?

2019 erscheint ein neues Buch, es gibt mehr Ausstellungen und möglicherweise auch mehr Gemeinschaftsprojekte.

Ich plane in diesem Sommer auch einen langen, aufregenden Roadtrip, achten Sie darauf.

Große Träume. Kleines Gepäck.

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Sehen Sie mehr von Julien Boudets Fotografie auf der Website von Bleu Mode und bei Instagram.