In den Aufnahmen von Caleb Stein triumphiert die Gemeinschaft über das Individuum. Der Fotograf sprach mit uns über seinen Ansatz, warum ihn Kleinstädte in den Vereinigten Staaten faszinieren und die beruhigende Kraft des Wassers.

Wann sind Sie zur Fotografie und insbesondere zur Leica Fotografie gekommen?

Ich fing an zu fotografieren, als ich in der Highschool war. Ich fotografierte ständig, ich blieb nach dem Ende des Unterrichts in der Schule, um in der Dunkelkammer zu arbeiten, und ich sah mir jedes Fotobuch an, das ich in die Finger bekommen konnte. Ich war von Anfang an total begeistert.

Seit letztem Jahr verwende ich eine Leica M10 mit einem 28er-Elmarit. Ich habe immer gewusst, dass Leica großartige Kameras baut, ich wollte etwas Leichtes und Hochwertiges. An der Kamera gefällt mir, dass es ohne Wenn und Aber einfach nur darum geht, zu fotografieren.

Was war Ihre erste Idee zu Down by the Hudson? Wie lange haben Sie an der Serie gearbeitet?

Meine erste Idee war, während meiner Spaziergänge durch die Kleinstadt Poughkeepsie zu fotografieren, insbesondere entlang der knapp fünf Kilometer langen Hauptstraße. Ich bin in Großstädten aufgewachsen und meine Vorstellung von US-amerikanischen Kleinstädten ist beispielsweise von Norman-Rockwell-Illustrationen geprägt. Ich wollte untersuchen, ob das, was ich sah, mit diesen tradierten, fast mythologisierten Vorstellungen von amerikanischer Lebensart übereinstimmt.

Was können Sie uns zu der in Poughkeepsie herrschenden Atmosphäre sagen?

Es ist ein dynamischer, energiegeladener Ort mit eigenen Kämpfen und eigenen Schönheiten. IBM hatte dort früher seinen Hauptsitz, und so ist Poughkeepsie eine Art Symbol für den postindustriellen Niedergang vieler kleiner Städte in den Vereinigten Staaten. Ich mag Poughkeepsie sehr. Dort habe ich meine Frau kennengelernt und mich in sie verliebt.

Und was meinen Sie zu den Menschen, die dort leben?

Die Bevölkerung ist sehr vielfältig. Bei der Wahl 2016 war es ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Clinton und Trump. Am Ende waren es nur ein paar Stimmen, die den Unterschied machten.

Wie haben die Leute auf Ihr Projekt reagiert?

Die meisten haben mich verstanden und waren offen mir gegenüber. Ich bin ihnen dankbar für ihr Vertrauen und ihre Verletzlichkeit.

Bitte erzählen Sie uns ein wenig über Ihre fotografische Vorgehensweise. Fotografieren Sie spontan oder planen Sie Ihren Tag?

Ich arbeite an einem langfristigen Projekt und bin viel zu Fuß unterwegs. Für Down by the Hudson lief ich über Jahre täglich dieselben fünf Kilometer Hauptstraße hin und zurück. Die Vertrautheit mit einem Ort verändert die Dinge. Ich begann, Rhythmen zu antizipieren. Ich plane nicht vorher, was ich fotografieren will, sondern reagiere auf das, was ich vor mir sehe. Selbst einer Porträtaufnahme geht erst einmal ein Gespräch voraus und dann schauen wir, was dabei herauskommt.

Was wollen Sie mit Ihren Bildern zeigen und erzählen?

Ich interessiere mich für Widersprüche und Unsicherheiten. Mir gefällt, wie dieselbe Sache völlig unterschiedlich aussehen kann, je nachdem wie man sie betrachtet. Aber in erster Linie möchte ich einfach zeigen, wie ich etwas in einem bestimmten Moment gesehen habe, und es den Betrachtern ermöglichen, ihre eigenen Geschichten zu erfinden.

Was hat Sie bei diesem Projekt am meisten bewegt?

Ich habe erkannt, dass die wichtigsten Dinge, die ich verfolge, die Erforschung der Gemeinschaft und der Interaktionen in ihr sind. Das wurde besonders gegen Ende des Projekts deutlich, als ich begann, an der Wasserstelle zu fotografieren. Schon während meines Studiums hatte mir meine damalige Freundin und heutige Frau diese kleine Lichtung am Stadtrand gezeigt. Aber es dauerte fast vier Jahre, bis ich dort tatsächlich mit dem Fotografieren begann. Ich glaube, ich wartete auf die richtige Einstellung und die richtige Kamera für das, was ich mir vorgestellt hatte. Es war paradiesisch, weil sich viele Menschen diesen Platz teilen, ihre normalen Schutzmechanismen abschalten und sich einfach nur abkühlen wollen. In diesen angespannten politischen Zeiten hat diese Wasserstelle etwas an sich, das mich in ihren Bann zieht.

Planen Sie eine Fortsetzung von Down by the Hudson?

Ich möchte weiter in nordamerikanischen Kleinstädten fotografieren. Aber noch bin ich mit der Wasserstelle in Poughkeepsie nicht fertig.

Caleb Stein, 1994 in London geboren, hat am Vassar College in Poughkeepsie einen Abschluss in Kunstgeschichte erworben. Von 2015 bis 2018 arbeitete er als Studioassistent für den Magnum-Fotografen Bruce Gilden. Die Serie Down by the Hudson (2016–19) ist eine intime fotografische Erkundung der Sorgen und der Schönheit des Lebens der Einwohner von Poughkeepsie, einer Kleinstadt im Bundesstaat New York.

Wenn Sie mehr über Caleb Steins Fotografie erfahren möchten, besuchen Sie seine Website.

 

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