Die Objekte für seine Serien „Of Monster & Dragon“ und „Creatures of the Seven Seas“ findet Jan C. Schlegel entweder selbst, im Tierrequisitenhandel oder auf Märkten vor Ort. Seinen jeweiligen „Fang“ fotografiert er auf weißem Untergrund, isoliert von seiner Umgebung. Für die Entwicklung der Prints setzt er auf seltene und kostspielige historische Verfahren, die in der direkten Betrachtung ihr volles Potenzial ausspielen: eine Einladung in ungeahnter Feinheit die Schönheit selten beachteter Lebewesen zu entdecken.

Schlegel spricht über den Sinn seiner Bilder und seine besondere Arbeitsweise, wie ihn die Arbeit an seinen Serien beeinflusst hat und was er sich für seine Bilder wünscht.

Was wollen Sie mit Ihren Serien Of Monster & Dragon und Creatures of the Seven Seas herausstellen?

Mir geht es nicht um wissenschaftliche Dokumentation. Wenn uns Spinnen, Käfer oder andere krabbelnde Tiere über den Weg laufen, kann man beobachten, wie manche in Panik geraten, davonlaufen oder die Insekten gar töten. So, als stünden sie einem Monster oder einem Drachen gegenüber. Ich bin von der Schönheit der Tiere fasziniert. Sie scheinen, als stammten sie aus einer anderen Welt. Ich möchte gerne erreichen, dass man sich mit diesen Tieren beschäftigt.

Was waren die größten Herausforderungen bei den Serien?

Das Fotografieren war noch das Einfachste. Schwieriger war dann schon das Präparieren der Objekte, insbesondere der Insekten. Das Schwierigste war aber das Erlernen der besonderen Entwicklungsverfahren, mit denen ich gearbeitet habe, Kalotypie- und Platin-Verfahren. Ich glaube, ich habe weltweit die größten Salzdrucke (Kalotypien) in dieser Qualität.

Berichten Sie uns bitte von diesen besonderen Entwicklungsverfahren für Ihre spektakulären Prints.

Bei Of Monster & Dragon habe ich mit dem Kalotypie-Verfahren gearbeitet, bei Creatures of the Seven Seas mit dem seltenen und teuren Platin-Print-Verfahren. Diese Verfahren sind für mich die beste Möglichkeit zur perfekten Darstellung selbst kleinster Details. Bei beiden Verfahren wird zunächst ein Negativ erstellt, 56 mal 76 Zentimeter groß. Beim Kalotypie-Verfahren mache ich das selbst, da hatte ich mit einer 4×5-Mittelformatkamera fotografiert. Beim Platin-Verfahren, bei dem ich die Meerestiere zunächst mit der Leica S fotografierte, erstellt ein Labor ein Negativ aus der Datei. Von diesen Negativen wird dann geprintet, das Resultat sind Prints in dieser Größe.

Wie verfährt man beim Kalotypie-Verfahren und welche Vorzüge hat es?

Es handelt sich dabei um ein mehrstufiges Verfahren, alles reine Handarbeit. Zuerst wird eine Salzlösung auf ein sehr grobes Aquarellpapier aufgetragen. Wenn es getrocknet ist, wird als nächstes eine Silbernitratlösung auf das Papier aufgebracht, damit sich lichtempfindliches Silberchlorid bildet. Diese Beschichtung gleichmäßig hinzubekommen ist nicht einfach. Die Belichtung mit dem Negativ verändert das Silberchlorid im Bild, Silber entsteht. Dann wird mithilfe von Ammoniumthiosulfat und einer leicht goldfarbenen Borax-Tönung fixiert, gefolgt von einer zweistündigen Wäsche, die für eine maximale Haltbarkeit sorgt.

Und wie funktioniert das Platin-Verfahren?

Eine Platin-Lösung, die auch Eisen-Oxalat enthält, wird auf hochwertiges glattes Baumwollpapier mit dem Pinsel aufgetragen. Die Qualität des Papiers spielt bei Platin-Abzügen eine wesentliche Rolle. Nach der Trocknung wird diese Beschichtung mit dem Negativ unter einer UV-Lampe zwischen eineinhalb und drei Stunden belichtet. Jeder handgefertigte Abzug ist einzigartig und kein anderer fotografischer Prozess erzeugt eine solche Tiefe: Das Platin-Verfahren kann die meisten Graustufen darstellen und bringt die größtmögliche Zeichnung ins Schwarz.

Woher hatten Sie die Insekten?

Einige Insekten wie den Skorpion oder die Heuschrecken habe ich selbst gesammelt. Da ich viel reise, habe ich einiges auch aus Afrika mitgebracht, zum Beispiel die Stabheuschrecke. Andere Tiere habe ich in Paris bei Deyrolle gekauft, einer alteingesessenen und berühmten Spezialhandlung für Kuriositäten. Wenn ich irgendwo ein interessantes Objekt fand, habe ich es fotografiert und dort bestimmen lassen.

Wo haben Sie die Meerestiere gefunden?

Rund um die Welt, auf Fischmärkten in Porto (Portugal), auf Sansibar (Tansania), in Hongkong, in Essaouira (Marokko) und in Murmansk (Russland). Später habe ich meinen „Fang“ dann im Hotel fotografiert. Zuvor habe ich sichergestellt, dass die Tiere hinterher verarbeitet werden.

Wie haben Sie die Tiere in Szene gesetzt?

Die Serie Of Monster & Dragon lebt davon, dass die Objekte sehr symmetrisch sind. Aber wenn man sie sammelt oder kauft, sind sie es überhaupt nicht. Man muss die Tiere mit Wasser bedampfen und sie dann in perfekter Symmetrie mit einer Stecknadel fixieren.

Welchen Einfluss hat die Arbeit an diesen Serien auf Sie genommen?

Insekten und Fische sind extrem vielfältig – das war mir in dieser Form vorher nicht wirklich bewusst. Ein anderer Nebeneffekt besteht darin, dass ich Plastik aus meinem Haushalt verbanne, weil Plastik die einzigartige Schönheit der Meere zerstört. Ich möchte mit meiner Kunst Impulse für neue Sichtweisen geben. Fische betrachten wir gerne auf Distanz und scheuen uns sie anzufassen. Es lohnt sich aber, genauer hinzuschauen, genau wie bei den Insekten.

Gibt es Pläne, wie Sie mit dem Projekt fortfahren möchten?

Ich plane eine Natur-Trilogie. Nach der faszinierenden Welt der Insekten und Meerestiere arbeite ich jetzt an einer dritten Serie mit floralen Objekten.

 

Jan C. Schlegel wurde 1965 in Triberg im Schwarzwald geboren. Seine Leidenschaft für die Schwarzweißfotografie entstand durch einen Workshop mit Walter Schels. Toni Schneiders, ein erfolgreicher Fotograf in seiner Region, wurde zu seinem Mentor. Schlegel arbeitet viel im Genre Porträtfotografie, sein Augenmerk liegt auf den Themen Globalisierung und Identität. Seine Bilder werden international in Galerien, Ausstellungen und auf Kunstmessen gezeigt.

Wenn Sie weitere Arbeiten von Jan C. Schlegel sehen möchten, besuchen Sie Ihn auf seiner Website und bei Instagram.

Ein Portfolio aus der Serie Creatures of the Seven Seas ist gerade in der LFI 6.2019 erschienen.

 

Leica S

Eine Klasse für sich.