Der Pavillon Vendôme befindet sich auf der Place Vendôme, mitten im Herzen von Paris. Im Januar 2020 fand in dem imposanten Gebäude die Haute-Couture-Modenschau Giorgio Armani Privé SS20 statt. Ausgestattet mit einer SL2 hat Stefano Guindani die Models beim Schminken und bei den Proben unmittelbar vor ihrem großen Auftritt auf dem Catwalk aufgenommen. Wir fragten ihn, warum er seine Arbeit in der glitzernden Welt der Mode als Sozialreportage versteht, welche unterschiedlichen Ansätze bei Modeschauen zum Tragen kommen und wie die richtige Ausrüstung ihm hilft, seine Ideen visuell umzusetzen.

Ist das Fotografieren von Mode und hinter den Kulissen von Modeschauen Ihre Spezialität?

Ich nehme seit langer Zeit, fast seit 20 Jahren, an der Mailänder und Pariser Modewoche teil. Damals war ich Journalist, es war die Zeit von Gianni Versace und der berühmtesten Topmodels. Das Geschäft und die Atmosphäre faszinierten mich, weil ich kreativ sein und meine Arbeit so verrichten konnte, wie es mir gefiel.

Wie würden Sie Ihren Ansatz beschreiben?

Ich denke, dass ich mich auf eine Art von Fotografie spezialisiert habe, die ich „Lifestyle-Reportage“ nennen würde. Dazu gehört auch die Sozialreportage: Während meiner Projekte in Mittelamerika habe ich in den letzten zehn Jahren zum Beispiel die realen Probleme des Lebens in Haiti, dem ärmsten Ort der Welt, auch wenn dort nicht wirklich Krieg herrscht, dokumentiert. Aber ich habe auch die Schönheit der Mode und die Welt des extremen Luxus und der Traumautos à la Lamborghini eingefangen

Wie entwickelt sich Ihre Bildsprache? Verändert sie sich von Projekt zu Projekt?

Jedes Projekt bringt eine andere Saite in mir zum Klingen, aber mein Engagement bleibt dasselbe: das Bild zu reproduzieren, das ich in meinem Kopf habe. Manchmal erschaffe ich es allein und manchmal zusammen mit dem Kunden. Meine Suche ist immer auf Schönheit, auf geometrische Linien ausgerichtet … ja, geometrische Linien liebe ich wirklich. Ich schätze es auch, Menschen zu porträtieren, die einen Sinn für sich selbst haben. Wenn ich mich mit Porträts beschäftige – was einen großen Teil meiner Arbeit ausmacht – ziehe ich es vor, Porträts spontan zu fotografieren oder solche, die etwas Wahres und Bedeutungsvolles vermitteln, auch wenn sie gestellt sind.

Sie haben jetzt mit der Leica SL2 gearbeitet. Was halten Sie von der Kamera?

Zunächst einmal hat die Leica SL2, weil sie eine Leica ist, einen großen Vorteil: Sie hat eine wirklich hervorragende Farbwiedergabe. Außerdem ist sie spiegellos, sodass ich das Bild sehen kann, ohne die Kamera abzusetzen. Meine Protagonisten spüren deshalb mein absolutes Selbstbewusstsein, weil ich die Kamera beherrsche. Meiner Meinung nach ist das eine der Grundregeln der Porträtfotografie. Ein weiteres positives Merkmal der Leica SL2 ist ihr Gewicht, sie ist leichter als andere wichtige Kameras. Vor allem aber ist sie sehr leise: In kritischen Situationen, etwa bei einer Theater-Premiere, kann ich geräuschlos fotografieren. Generell kann ich sagen, dass die Leica SL2 eine sehr hochwertige Kamera ist.

Leica SL2

It's your choice.

Welche Objektive haben Sie verwendet?

Das Vario-Elmarit-SL 24–90 und das Summicron-SL 75 und 90. Das 75er schätzte ich wegen seiner Leichtigkeit, die mir eine gewisse Bewegungsfreiheit ermöglicht. Außerdem ist es sehr lichtstark und an der Kamera gut ausbalanciert. Das Vario-Elmarit ist natürlich schwerer, aber am Ende entscheidet das Ergebnis. Das 90er-Summicron habe für Porträts verwendet, aber ich fand es etwas zu lang, es vergrößert das Motiv leicht.

Inwiefern unterscheiden sich Ihre mit der SL2 aufgenommenen Bilder von anderen?

Sicherlich durch die kräftigen Farben und den Detailreichtum.

Reichhaltigkeit und Detailreichtum sind bei Modeschauen von zentraler Bedeutung. Bei welchen Gelegenheiten haben Sie SL2 schon verwendet?

Zuletzt bei den Mailänder Damen- und Herrenmodewochen und bei der Produktion der Giorgio Armani Privé Haute Couture in Paris im Januar 2020. Dort hat sich die Leica SL2 von ihrer besten Seite gezeigt, ich habe ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. Ohne jegliche Probleme. Ich habe mit einem externen Blitz fotografiert, den einer meiner Assistenten hielt, manchmal habe ich sogar vier Blitze verwendet. Die Ergebnisse waren schon auf den ersten Blick großartig, sodass keine Nachbearbeitung erforderlich war.

Wann haben Sie bei der Pariser Modewoche gearbeitet? Wer hat Sie beauftragt?

Ich bin der Fotograf für mehrere bedeutende Modehäuser, darunter Armani. Wie ich bereits sagte, habe ich bei der letzten Armani-Modenschau in Paris die Kamera auf Herz und Nieren geprüft; aber auch bei den Condé-Nast-Veranstaltungen, den Modeschauen von Fendi und Scervino und vielen anderen.

Sie haben auch auf dem Laufsteg und im Publikum fotografiert. Inwiefern unterscheidet sich das, was auf dem Laufsteg und im Publikum geschieht, von dem, was hinter den Kulissen vor sich geht?

In einer Modenschau gibt es verschiedene Arten von Fotografie – das ist schon eine Herausforderung. Wir haben den Laufsteg, bei dem die fotografische Technik entscheidend ist: Der Fotograf muss sich mit dem Model synchronisieren. Dabei versucht er, die besten Bilder einzufangen und gleichzeitig die Anwesenheit der anderen Models auf dem Laufsteg auszublenden. In dieser Situation ist es wichtig, den richtigen Fokus und die perfekte Beleuchtung zu haben. Das Fotografieren hinter der Bühne bedeutet, dass es unter vielen Menschen stattfindet: Models, Maskenbildner, Stylisten, Friseure, andere Fotografen und Videomacher. Es ist eine schwierige Situation mit vielen Menschen um einen herum, in der jeder versucht, seine Arbeit gut zu machen. Die Kamera muss in kürzester Zeit einsatzbereit und effizient sein – und sie muss perfekt funktionieren.

Welche Unterschiede sehen Sie beim Dokumentieren einer Modenschau und der Arbeit an einer Reportage?

Ich bin der Ansicht, dass die Arbeit eines Fotografen in all ihren Variationen mit größtem Engagement ausgeführt werden sollte. Aus meiner Sicht kann man die Reportagen, die ich in Mittelamerika gemacht habe, auf professioneller Ebene mit der Arbeit vergleichen, die ich während der Modewochen mache. Natürlich unterscheiden sich die Motive und Situationen, aber ein professioneller Fotograf muss vielseitig sein und sich an die Bedürfnisse des Kunden anpassen können; seine Kamera und sein Blitz müssen bereit sein, sich jeder Herausforderung zu stellen und sie zu erfüllen.

 

Stefano Guindani wurde 1969 in Cremona geboren. Er studierte Chemie. Als seine größten Einflüsse nennt er Herb Ritts – insbesondere Notorious –, Richard Avedon, Irving Penn und Robert Mapplethorpe. Er arbeitet als Prominenten- und Modefotograf und nennt sein Genre „Lifestyle-Reportage“. „Schönheit wird sich immer durchsetzen. Ich beziehe mich auf jede Art von Schönheit. Anforderungskataloge können sich ändern, aber ich bin überzeugt, dass die Schönheit immer siegen wird“, konstatiert der Fotograf. Guindani arbeitet mit bedeutenden Werbe- und Kommunikationsagenturen in Italien und im Ausland sowie mit bedeutenden Marken zusammen – von Armani und Lamborghini über Versace, Moschino und Diesel bis zu Stella McCartney, Tod’s und vielen anderen.