Zu den Feierlichkeiten zum 175. Jubiläum der Statue Ludewig I. auf dem Darmstädter Luisenplatz entstand diese Serie. Wie sind Sie an dieses Projekt herangegangen?

Es handelt sich um einen Auftrag: Ich sollte Streetphotography rund um den Platz für ein Buch erstellen und hatte etwa 6-8 Monate Zeit dafür. So bin ich zu den verschiedenen Tages- und Jahreszeiten regelmäßig auf den Platz gegangen. Es ist der zentrale Platz in Darmstadt, entstanden schon im 18. Jahrhundert, ca. 110m im Quadrat, mitten drauf die Säule mit der Statue, im Volksmund „Der Lange Lui“ oder nur „Der Lui“. Als zentraler Umsteigeplatz treffen sich dort einige Straßenbahn- und Buslinien mit entsprechendem Publikumsverkehr. Radfahrer und Fußgänger begegnen sich kreuz und quer. Meine Idee war, atmosphärische Bilder zu finden, die die Vielfalt und das gewisse Chaos spiegeln.

Ein Porträt der Gesellschaft ist immer auch ein wenig politisch, worauf achten Sie?

Die Statue des Landgrafen hält in der Hand die hessische Verfassung von 1820, in der erstmalig das Versammlungsrecht verankert wurde. Der Platz steht also auch für Freiheit und Begegnung, für Offenheit und Vielfalt. Demonstrationen und Kundgebungen gehören hierzu, aber natürlich auch das tägliche Leben.

Darmstadt hat viele Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die Technische Universität und weitere Hochschulen mit über 45.000 Studenten, u.a. mit dem Weltkonzern Merck und der ESOC/ESA (Weltraumbehörde), internationale Ausstrahlung und entsprechend eine gemischte Bevölkerung aus über 150 Nationen und vielen Ethnien. Das alles findet sich wie in einem Schmelztiegel auf dem Platz wieder.

Als Werkzeug ihrer Wahl wählten Sie die Leica Q. Wie arbeiten Sie mit der Kamera?

Einmal ist es natürlich eine spannende Aufgabe, sich so über Wochen und Monate auf eine relativ kleine Fläche wie diesen Platz einzulassen. Der große Publikums- und öffentliche Verkehr sind eine starke Herausforderung beim Gestalten von Bildern. Ich musste also versuchen eine gewisse Ordnung zu finden. Linien, Spiegelungen, Lichtreflexe und Farbkombinationen sind dabei sehr wichtig, im Mittelpunkt steht aber immer der Mensch.

Die Leica Q hat mit dem schnellen Autofokus und der 28mm-Optik den Vorteil einer großen Schärfentiefe und einen breiten Bildwinkel, bringt aber auch mit sich, dass ich immer nah heran musste an meine Motive. Der leise Verschluss ermöglichte beim Annähern schon Bilder, ohne dass ich sogleich die Aufmerksamkeit auf mich zog. Ich hatte also meine Photos, bevor ich bemerkt wurde. Dann erklärte ich, was ich machte und zeigte den Betreffenden meist die Bilder und gab meine Karte mit dem Angebot, Bilder per Email zu schicken, was dann auch einige Male erfolgte.

 

Werner Mansholt, DGPh, lebt und arbeitet in Darmstadt.

„Sein Interesse sind die Menschen in ihrer Umgebung und ihrer jeweiligen Kultur. Er  sucht bei seinen Reisen nach Momenten des Erlebens und schafft damit vitale Dokumente des Alltags. Er will keine Bilder „stehlen“, keine klischeehaften Motive abschöpfen. Das Interesse an den Lebensumständen  treibt ihn an, authentische Geschichten zu erzählen, die ihm auf den Straßen und öffentlichen Plätzen begegnen.“, sagt Wolfgang Zurborn, Präsidiumsmitglied der Deutschen Fotografischen Akademie über ihn.

Seit 1992 hat die LFI diverse Fotoreportagen und Bildstrecken, u.a. 2005 über Indien, 2006 über Patagonien, 2008 über Sansibar und 2012 über Tbilisi (Georgien) sowie 2016 seine Serie „Not Unusual“ (Streetphotography) veröffentlicht. In 2009 wurden seine Bilder über Sansibar in einer Ausstellung im Leica-Werk in Solms gewürdigt.

In 2013 erfolgte die Veröffentlichung eines Buches über den Bildhauer Detlef Kraft („Besuch bei Detlef Kraft“ mit einem Text von Celina Lunsford) und in 2019 des Buches „ODD TALES“ im Verlag 89books in Palermo.

Das Jubiläumsbuch „Der Lui. Zum 175. Geburtstag des Ludwigsmonuments in Darmstadt“ ist im Justus von Liebig Verlag erschienen.

www.instagram.com/werner_mansholt

www.werner-mansholt.de

 

Leica Q

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