Wie kommt man auf die Idee Vögel zu beobachten und nebenbei die Natur durch ein Spektiv zu fotografieren, das eigentlich nur zur reinen Beobachtung gebaut wurde?

Ich sitze acht Stunden, oft noch länger am Tag bei der Arbeit! Das heißt, die ganze Zeit kreisen meine Gedanken nur um den Job: Was ist vorzubereiten, welche Projekte müssen angeschoben werden, stimmen die Zahlen, muss ich irgendwo eingreifen?! Das bedeutet, meine Gedanken kreisen wenigstens 1/3 des Tages um das gleiche Thema – den Job! Da kann man schnell einen Tunnelblick entwickeln und den Anschluss an das, was draußen vor sich geht, verlieren… Wenn ich Vögel beobachte, werde ich in eine andere Realität gezogen. Eine Realität, die ich nicht während der Arbeit und nicht in den neuesten Nachrichten finde, die jedoch täglich neue und interessante Informationen bietet. Draußen in der Natur bin ich mein eigener Reporter auf der Suche nach Eindrücken, die ich beobachten, reflektieren und für mich einfangen kann. Diese Impressionen öffnen meine Gedanken für eine neue Perspektive und helfen mir im Umkehrschluss dabei, während der Arbeit die Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Die besten Geschichten erzählt die Natur selbst! Sie erzählt sie aber nur dann, wenn ich das Geschehen nicht störe, ich auf einer gewissen Distanz bleibe. Mit Fernglas und Spektiven bin ich weit genug entfernt, damit Vögel und andere Tiere mich nicht beachten. Durch die große Vergrößerung der Optik bin ich aber trotzdem mittendrin im Geschehen!

Warum ist das Katinger Watt ein besonderer Ort zur Naturbeobachtung?

Es ist die Vielfalt in diesem Gebiet, die mich so fasziniert! Auf kleinstem Raum habe ich verschiedenste Lebensräume beisammen, wie z.B. Laubwald, überschwemmte Wiesen und Auen, die Deichlandschaft mit den Deichschafen, die Mündung des Flusses Eider und das Meer mit seinen Gezeiten und schier unendlichen Wattflächen. Ich kann mich kurzfristig entscheiden, worauf ich meinen Fokus legen möchte und muss beim Wechsel keine weiten Wegstrecken in Kauf nehmen. Gleichzeitig bietet das Katinger Watt täglich etwas Neues. Im Frühling und Frühsommer ist dieses Gebiet eines der wichtigsten Brutgebiete für Seeschwalben, Limikolen und andere Wasservögel. Die Beobachtungshütten der NABU-Station im nördlichen Teil des Gebietes sind so angelegt, dass man nur wenige Meter von der Säbelschnäbler-Kolonie entfernt das Treiben der Altvögel beim Brüten und die Jungen bei der Nahrungssuche im Bereich der Kolonie beobachten kann.
Im Sommer fällt ein Teil der Überschwemmungswiesen trocken. Hier huschen Wiesenpieper, Feldlerchen, Rotschenkel und andere Vögel umher und es blühen Orchideen und andere seltene Pflanzen. Vom hohen Beobachtungsturm in der Mitte des Gebietes aus kann ich diese Wiesenflächen schön überblicken.
Das Katinger Watt ist zusammen mit dem angrenzenden Nationalpark Wattenmeer eines der wichtigsten Rastgebiete für den Vogelzug. Mit der Vielfalt an Biotopen rasten dort entsprechend viele verschiedene Vogelarten. Im Herbst kommen also täglich neue Vögel an und andere Vogelarten fliegen weiter Richtung Winterquartier. Im Winter, wenn die meisten Seen im Binnenland schon zugefroren sind, sind viele Wasserflächen im Katinger Watt noch offen. Dies nutzen verschiedenste Entenarten und auch Eisvögel können dort beobachtet werden.
Außerdem wird dieses Gebiet sehr schön durch den NABU gemanagt, der u.a. zu jeder Jahreszeit neue Informationstafeln an den wichtigsten Stellen im Gebiet aufhängt. So bin ich, auch wenn ich einmal kurzentschlossen dort hinfahre, immer informiert. Sollte einmal etwas nicht auf einer der Informationstafeln stehen, dann kann ich das NABU-Zentrum immer noch direkt besuchen. Dort kann ich mich in der Ausstellung über das Leben im Watt informieren oder  die Vögel im schön angelegten Stations-Erlebnisgarten genießen und mich für die nächste Führung durch das Gebiet unter fachkundiger Leitung der Stationsmitarbeiter anmelden.

Welches Equipment ist für die Naturbeobachtung hilfreich?

Mir ist die eigentliche Beobachtung wichtig – da möchte ich mich nicht mit unnötigem Firlefanz, auf den ich ständig acht geben muss, belasten. Stundenlang am Deich sitzen, in das Treiben der Vögel und der Natur eintauchen – das ist meine Meditation! Wenn dann plötzlich tausende Graugänse auffliegen, dann möchte ich mich voll und ganz auf dieses Ereignis konzentrieren. Warum sind sie alle aufgeflogen? Über dem Wald kreist der Grund: ein Seeadler, der größte gefiederte Fressfeind der Gänse. Oder wenn ich über Stunden hinweg neben der Küstenseeschwalben-Kolonie sitze und zusehe, wie die Altvögel immer wieder zu genau ihrem Jungen zwischen den Hunderten anderen fliegen, einen winzig kleinen Fisch in den weit aufgerissenen Schnabel des Kükens stopfen und dann schon wieder wegfliegen, um den nächsten Fisch zu holen.

Für diese Beobachtung benutze ich am liebsten mein Leica Noctivid 10×42. Durch die starken Kontraste und hohe Brillanz der Farben fällt es mir ungemein leicht, feine Unterschiede in den Strukturen zu erkennen. Unterschiede, die mich dann wiederum auf ein gut getarntes Küstenseeschwalbenküken zwischen trockenen Algen und Tang aufmerksam machen.

Auf die weiten Distanzen, besonders im Watt, nutze ich dann mein Spektiv – das Leica APO Televid 82mm. Nicht immer treffen die Gezeiten auf den idealen Sonnenstand. Denn auch bei der Vogelbeobachtung gilt, dass man Farben besser wahrnimmt, wenn die Sonne im Rücken steht. Ein erfahrener Beobachter weiß auch, dass die Vögel erst zum Hochwasser nahe an den Strand kommen. Liegt Hochwasser nun in der Zeit, in der die Sonne vor mir steht, habe ich viel Streulicht und das komplette Bild wäre durch einen milchigen Schein überdeckt. Leica-Produkte haben Streulicht besser im Griff als die meisten anderen Ferngläser und Spektive, die ich kenne. Das kommt sicherlich auch durch die Erfahrung, die Leica in der Entwicklung von Kameraobjektiven hat. Wer kauft schon ein Kameraobjektiv, welches nicht mit Streulicht umgehen kann? Mit diesem Equipment, dem Leica Apo Televid 82 W und Leica Noctivid 10×42, bin ich für mein eigentliches Hobby, die stundenlange Beobachtung, also bestens gewappnet. Wenn es dann mal Situationen gibt, die ich gerne im Bild festhalten möchte, nutze ich die Leica Q. Diese Kamera ist einfach fantastisch für meine Zwecke geeignet. Klein und kompakt ist sie immer dabei. Mit dem entsprechenden Adapter stecke ich sie auf mein Spektiv auf und bin bereit, das Treiben direkt am Küstenseeschwalben-Nest zu fotografieren. Im nächsten Moment kann ich aber auch schon die Umgebung fotografieren, z.B. Landschaftsaufnahmen oder Makroaufnahmen der Orchideen machen. Neben der Qualität der Leica Q faszinieren mich vor allem deren Bildgestaltungsmöglichkeiten und dass alle notwendigen Knöpfe und Modi hierfür leicht erreichbar und beinahe blind bedienbar sind. Vögel sind häufig in Eile, sie lassen einem oft keine Zeit, ein Bild lange zu komponieren. Mit der Q bin ich schnell genug, um die Situation auf dem Bild so einzufangen, wie sie sich eben zeigt – im wahrsten Sinne des Wortes  „natürlich“. So entstehen Geschichten, die mich an den dunklen Winterabenden hier im Norden immer noch in ihren Bann ziehen!

 

Nanette Roland ist Naturbeobachterin aus Leidenschaft. Hierbei bereist sie regelmäßig die Welt, um sich mit der Natur, den unterschiedlichen Vogelarten, aber auch deren Zusammenleben mit den Menschen in anderen Ländern zu befassen. Die bei diesen Reisen entstehenden Bilder präsentiert sie u.A. in Vorträgen auf ornithologischen Messen und Vortragsreihen. Dabei ist es ihr wichtig, Menschen, die wie sie täglich im Jobtunnel sitzen, den Zugang zu anderen Perspektiven zu eröffnen.

Mehr Informationen zum Katinger Watt finden Sie auch auf den Seiten des NABU.

LEICA TRINOVID

Die Rückkehr der Fernglas-Ikone.